Otto Schmidt Verlag

OLG Zweibrücken v. 28.5.2024 - 4 U 105/23

Verkaufsexposé: "Allgemein gepflegt" gleich dichtes Dach?

Der Käufer einer Werkstatthalle ist bei der Angabe im Verkaufsexposé "allgemein gepflegter Zustand der Immobilie" nicht gehalten, ein mit Faserzementplatten belegtes Dach vor dem Kauf auf Wasserdichtheit zu untersuchen.

Der Sachverhalt:
Der Käufer macht gegenüber dem Verkäufer Schadenersatzansprüche aus einem Immobilienkaufvertrag, in dem die Gewährleistung für Sachmängel ausgeschlossen wurde, geltend. Der Käufer ist Immobilienmakler und im Ankauf und der Vermietung von Gewerbeimmobilien erfahren. Er erwarb von dem Verkäufer mit Kaufvertrag von Juli 2019 ein bebautes Grundstück. Bei der Immobilie handelt es sich u.a. um eine Werkstatthalle. Im obersten Geschoss befindet sich eine Parkfläche. Der Verkäufer erklärte jedoch, dass ihm nicht erkennbare Mängel nicht bekannt seien.

Nach Abschluss des Kaufvertrages, im Dezember 2019, wurde der Käufer von den Mietern der Parkfläche des Objektes darauf hingewiesen, dass die Dachfläche der Immobilie undicht ist. Bei Regen kommt es an fast allen Dachflächen, an denen klare Dachplatten eingebaut sind, zu teilweise starkem Wassereinbruch und die Regenrinne ist im Bereich des vermieteten Ladens in der Immobilie auf mindestens 5 m komplett undicht. Dem Verkäufer waren die Undichtigkeiten in der Dachfläche sowie der Regenrinne seit mindestens zwölf Monaten vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages bekannt und von den Mietern mehrfach mitgeteilt worden.

Der Kläger hatte das Dach der Immobilie nicht besichtigt. Er hatte aber bei der Besichtigung festgestellt, dass in der Werkstattfläche im Erdgeschoss im linken hinteren Bereich, Richtung Erdreich Feuchteschäden vorhanden waren, die fachgerecht beseitigt werden müssen. Im Hinblick auf diese festgestellten Schäden hatte der Käufer dem Verkäufer bei der Besichtigung ein Angebot von 280.000 € statt der ursprünglich geforderten 320.000 € gemacht. Er erzielte letztlich einen Preisnachlass auf 276.000 €. In dem Maklerexposé hieß es u.a. "Die 1960 erbaute Immobilie wurde 1980 komplett und im Jahre 2000 die Fensterfront saniert, was der Immobilie einen allgemein gepflegten Zustand verleiht.“.

Das LG gab der auf Zahlung Schadensersatz gerichteten Klage statt. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Auch in Anbetracht des Alters des Gebäudes und des bezahlten Kaufpreises (nebst Preisnachlass) sind die von einem Sachverständigen festgestellten sehr rissigen und entsprechend wasserdurchlässigen Faserzement-Wellplatten auf dem Dach nicht mehr als hinzunehmender Verschleiß zu werten. Nachdem das verwendete Makler-Exposé von einem "allgemein gepflegten Zustand" der Immobilie spricht, ist diese Zustandsbeschreibung zur für den Kläger erwartbaren Beschaffenheit geworden.

Ein nicht regenfestes Dach ist mit einem "gepflegten Zustand" nicht in Einklang zu bringen. Ein allgemein gehaltener Hinweis auf notwendige Erneuerungsmaßnahmen führt nicht zum Ausschluss eines Mangels. Dass Erneuerungsmaßnahmen bei einem älteren Gebäude möglich sind, ist ein Allgemeinplatz und besagt nichts über die tatsächliche Beschaffenheit der Immobilie. Auch wenn der Käufer Makler ist, kann im Rahmen einer Gebäudebesichtigung von ihm nicht verlangt werden, dass dieser auf ein Dach wie das hier vorhandene steigt, zumal nicht über eine steil anzulegende Leiter.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.06.2024 09:48
Quelle: OLG Zweibrücken PM vom 7.6.2024

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